Forschungsprojekt #LastSeen
Mitarbeitende im Projekt
Dr. Alina Bothe (Projektleitung)
Dr. Christoph Kreutzmüller (Wiss. Mitarbeiter)
Lisa Paduch (Wiss. Mitarbeiterin)
Marcel Layher (Stud. Mitarbeiter)
Menschen vor Sammelstellen, mit typischem Deportationsgepäck, an Bahnhöfen, auf Zwangsmärschen durch Städte oder zu zwangsweisen Gruppenbildern aufgestellt. Deportationsfotos zeigen oft bestimmte Sujets, die sich über mehrere Jahre hinweg und an verschiedenen Orten nachweisen lassen. Gleichzeitig zeigen sie auch die strukturelle Gewalt der Täterinnen und Täter, die aktive Teilnahme der scheinbar unbeteiligten Nachbarn, sowie Selbstbehauptung der Verfolgten in einer ausweglosen Situation vor aller Augen. Deshalb sind die Fotos zentrale Quellen zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitiken, die den Moment des „Abtransports“ oftmals zur Vernichtung an konkrete öffentliche Orte rückbindet.
Das Projekt #LastSeen. Bilder der NS-Deportationen zeigt Grundlagenforschung in neuartiger Form: als digitalen Bildatlas. In diesem werden Fotos der Deportationen wissenschaftlich kontextualisiert und digital veröffentlicht. Auf der Serienebene finden sich Angaben zur Deportation und weiterführenden Quellen/Literatur, zur Überlieferung der Bilder, zu den Fotograf:innen, wie auch eine genaue, kartografisch abgebildete Geolokalisation. Auf der Einzelbildebene werden die Bilder en détail erschlossen, Personen identifiziert und verschiedene Objekte so getaggt, dass verschiedene Filter- und Suchoptionen für die Forschung verfügbar sind. Wenn möglich, wird eine kurze Biografie der Abgebildeten veröffentlicht.
Eine erste Sammlung von Deportationsfotos haben Klaus Hesse und Phillip Springer vor nunmehr 20 Jahren in dem so passend betitelten Band „Vor aller Augen“ vorgelegt. Damals waren Fotos aus 27 Orten bekannt. Im Rahmen der systematischen Recherchen der ersten Projektphase (gefördert von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft) ist es gelungen, dieses Konvolut mehr als zu verdoppeln.
In der zweiten Phase des Projekts (Juli 2023-Juni 2025), gefördert durch die Alfred Landecker Foundation, soll nun die Erschließung der Bildserien aus dem Reichsgebiet fertiggestellt werden. Zudem werden erstmals systematisch Fotos der Transporte im Rahmen der Krankenmorde (T4 und dezentrale Euthanasie) einbezogen. Inhaltlich wird sich das Projekt auch mit der ideologischen Bildmotivik der Fotos beschäftigen.
#LastSeen ist an der Schnittstelle zwischen Forschung und interessierter Öffentlichkeit angelegt. Ein digitaler Bildatlas macht die historischen Fotos mit wissenschaftlichen Einordnungen öffentlich frei zugänglich. Ein digitales Spiel, das ebenfalls aus dem Projekt hervorgegangen ist, will Jugendliche und andere Interessierte zur Auseinandersetzung mit den Geschichten in und hinter den Fotos anregen. Ziel ist es, eine innovative, interventionistische Ausstellung zu den Deportationsfotos entwickeln.
Bildatlas: https://atlas.lastseen.org/
Entdeckungsspiel: https://game.lastseen.org/
Webseite des Projekts: https://www.lastseen.org/projekt-lastseen