ZJS Colloquium: Andree Michaelis-König: Mit dem furor criticus gegen die Hinnahme eines neuen Antisemitismus: Politische und ästhetische Dimensionen der Schriftsteller-Freundschaft zwischen Berthold Auerbach und Gustav Freytag
Andree Michaelis-König
Die Freundschaft des schwäbisch-jüdischen Schriftstellers Berthold Auerbachs mit dem schlesischen Gustav Freytag wirft in der Retrospektive eine ganze Reihe schwieriger Fragen auf. Vor allem der Ruf Freytags, ein antisemitischer Autor gewesen zu sein, dessen literarische Repräsentationen von Juden in seinen bekanntesten Werken – wie dem Lustspiel Die Journalisten (1852) und dem Roman Soll und Haben(1855) – nahezu ausnahmslos negative und vorurteilsbelastete Züge tragen, lässt sein Verhältnis zu Auerbach in einem zwiespältigen Licht erscheinen. Dennoch kann an der zum Teil höchst intensiven und engen Freundschaft beider Erfolgsautoren des 19. Jahrhunderts bis zuletzt kein Zweifel bestehen. Der Beitrag geht den Manifestationen dieser Freundschaft in den Briefen und Werken beider Autoren nach, beleuchtet ihre Ambivalenzen und fragt nach den spezifischen Strategien der Aushandlung von Differenzen gerade in Hinblick auf die Frage jüdischer Emanzipation. Diese Vorgänge vollzogen sich zu einer Zeit, in der ein neuer, rassisch geprägten Antisemitismus gesellschaftsfähig werden konnte. Welche Konsequenzen Auerbach hieraus zog, was er von seinen nichtjüdischen Freunden einforderte und – mit einem furor criticus– zu erwirken suchte sowie die Reaktion und Grundhaltung Freytags angesichts dieser Erwartungen stehen im Fokus des Vortrags.
Zeit & Ort
25.04.2019 | 16:00
Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Sophienstraße 22a, 10178 Berlin