Veranstalter: Forschungsgruppe ‚Was ist jüdischer Film?‘ an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Kooperation mit dem Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
- online -
‚Jüdischer Film‘
‚Jüdischer Film’ ist ein präsenter Begriff in der Filmkultur, der durch Jüdische Filmtage und Filmfestivals popularisiert wurde. International erfolgreiche Serien wie Unorthodox (D/USA/IL 2020, Netflix) verstärken den Eindruck, dass der Trend zu jüdischen Themen im Film, der mit den 1980er Jahren eingesetzt ist, auch aktuell nicht abgenommen hat. Als wissenschaftlicher Gegenstand hat ‚Jüdischer Film‘ dagegen im deutschsprachigen Raum bislang nur vereinzelt Beachtung gefunden. Dies liegt nicht zuletzt an der streitbaren Setzung und umkämpften Definition des Begriffes ‚Jüdischer Film‘. Wann und wie die Zuschreibung ‚jüdisch‘ erfolgt, ist dabei unterschiedlich. Relativ einfach scheint es mit Filmen und Serien, die explizit jüdische Themen behandeln, wie beispielsweise die Serie Shtisel (IL 2013-2020, Yes-Oh), deren Handlung sich im orthodoxen Milieu Jerusalems abspielt. Problematischer hingegen sind Herangehensweisen, die an Filmproduktionen beteiligte Juden und Jüdinnen in den Vordergrund rücken. Dabei muss die Biografieforschung zu jüdischen Filmemacher*innen nicht nur die unterschiedlichen Selbstverständnisse des Jüdischseins berücksichtigen, sondern auch zeitgenössische und nachträgliche Zuschreibungen hinterfragen. Einen breiteren Blick auf das Feld ermöglicht die Deutung ‚Jüdischen Film‘ als Schnittstelle zwischen jüdischer Erfahrung und Film zu verstehen. Diese Betrachtung öffnet einerseits die Perspektive auf jüdische Lesarten und bietet andererseits die Möglichkeit auch Bereiche wie Antisemitismus und Film miteinzubeziehen. Weiterhin ermöglicht sie, den Gegenstand ‚Jüdischer Film‘ als prozesshaft zu verstehen, der von historischen, sozialpolitischen und medientechnologischen Faktoren bedingt und gleichzeitig transnational und wandelbar ist. Die Dynamik des Gegenstandes bedingt seine interdisziplinäre Versprengtheit, die jedoch eine Chance des Bereiches darstellt.
Um aktuelle Forschungsthemen des Feldes zusammenzutragen und die verschiedenen Ansätze in einen Austausch zu bringen, veranstaltet die Forschungsgruppe ‚Was ist jüdischer Film?‘ der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Kooperation mit dem Selma Stern Zentrum ein Doc- und PostDoc- Kolloquium. Es bietet die Möglichkeit, Ideen und Forschungsergebnisse zu präsentieren, neue Ansätze zu diskutieren und sich zu vernetzen, um das Feld ‚Jüdischer Film‘ in Deutschland ideell zu verankern.
Das geplante Kolloquium fragt nach den Möglichkeiten, Film und jüdische Erfahrung in Geschichte und Gegenwart zu untersuchen. Einer offeneren Definition des Gegenstandes ‚Jüdischer Film‘ folgend, sollen dabei nicht nur filmische Texte, sondern auch Diskurse über Film betrachtet werden, die sich von erinnerungspolitischen Auseinandersetzungen über Shoah und Film bis zu Debatten über als antisemitisch verstandene Filme erstrecken. Gezielt sollen auch andere Formen und Medien, wie Videokunst thematisiert werden.
Exemplarische Themenbereiche können sein:
- Neue Ansätze und Methoden der Erforschung ‚Jüdischen Films‘
- Film, Erinnerung und Zeugenschaft
- Antisemitismus und Film
- Jüdische Filmkultur und Videokunst
- Jüdische Filmschaffende und Fragen der Biografieforschung
- Religion, Orthodoxie und Film
- Jüdische Ästhetik und Medienphilosophie
- Historische Perspektiven auf Judentum und Film
- Transnationale Verschränkungen im Bereich ‚Jüdischer Film‘
Das Kolloquium findet online statt und richtet sich an Promovierende sowie PostDocs aller Fachrichtungen, die zu audiovisuellen Auseinandersetzungen mit Judentum forschen und institutionell in Deutschland angebunden sind.
Anmeldung: t.seene@filmuniversitaet.de
Weitere Informationen
Tirza Seene: t.seene@filmuniversitaet.de