Bei der Rekonstruktion von Identitäten, einem der primären Gegenstände der Jüdischen Studien, scheint die Biographie als Forschungsmethode und wissenschaftliche Darstellungspraxis das Verfahren erster Wahl zu sein. Ausgehend von diesem Befund und der Diagnose einer biographischen Wende in den historischen Geisteswissenschaften argumentiere ich für die Notwendigkeit, eine neue Subdisziplin innerhalb der Jüdischen Studien – Jewish Biography Studies – zu etablieren. In den Zuständigkeitsbereich eines solchen wissenschaftlichen Feldes fielen die Historiographie jüdischer Biographik sowie die Theoriebildung für und die Reflexion über die aktuelle biographische Forschungspraxis in den Jüdischen Studien. Ich plädiere dabei für einen systematischen Transfer methodisch-theoretischer Ressourcen aus den Biography Studies in die Wissenschaft von den jüdischen Kulturen. Der epistemische und epistemologische Gewinn läge hier nicht nur auf der Seite der Jüdischen Studien, sondern erstreckte sich auf die gesamten Biography Studies.