C: Beerdigen oder Verbrennen? Zur Beteiligung von Jüdinnen und Juden am Reformprojekt Feuerbestattung im Deutschen Kaiserreich (Martin)
Katja Martin (Potsdam/Leipzig)
2004 wurde in Israel erstmals ein Krematorium in Betrieb genommen, welches seitdem höchst kontrovers diskutiert und insbesondere durch Anhänger:innen der Charedim teils durch radikale Aktionen bekämpft wird. Nicht nur aufgrund einer angenommenen halachischen Unzulässigkeit wird die Feuerbestattung im Judentum weitestgehend abgelehnt. Auch wegen der Erinnerung an die Shoah ist es verständlicherweise vielen Jüdinnen und Juden nicht möglich, ihr neutral zu begegnen. Innerjüdische Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit der Feuerbestattung sind allerdings kein Novum des 21. Jahrhunderts. Im Deutschen Kaiserreich war sie insbesondere innerhalb des jüdischen Bürgertums äußerst beliebt. Die jüdischen Anhänger:innen der Feuerbestattung waren dabei durchaus bestrebt, den Kremationsvorgang in ein traditionelles jüdisches Begräbnis zu integrieren. Selbst der Bau von Krematorien auf jüdischen Friedhöfen wurde in einigen jüdischen Gemeinden der Großstädte erwogen. Im Vortrag werden die Konjunkturen der innerjüdischen Feuerbestattungsdebatten von 1874 bis 1918 und deren spezielle Marker nachgezeichnet, welche von einem rein technisch-funktionalen Kremationsvorgang bis zu einer jüdisch geprägten Feuerbestattung reichen konnten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den jüdischen Akteur:innen, die sich für die neue Bestattungsform einsetzten.
Zeit & Ort
18.11.2021 | 16:00
sofern möglich im ZJS
Sophienstraße 22 a
10178 Berlin