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Forschungskolloquium Gebrochene Traditionen?: PD.Dr. Anna-Dorothea Ludewig (Potsdam): Idealisierungen und Pathologisierungen: Anmerkungen zum (literarischen) Bild der Jüdischen Mutter (Gastvortrag)

23.05.2025 | 12:15 - 13:45

Das Bild der Jüdischen Mutter war im 19. und 20. Jahrhundert
einem tiefgreifenden Veränderungsprozess unterworfen, der
sich insbesondere in der Literatur abbildet: Mit der Haskala
verschwand die positiv konnotierte „Hüterin des Hauses“. An
ihre Stelle traten einerseits als gefühlskalt und überfordert gezeichnete
„ostjüdische“ Familienernährerinnen, zu finden in
Geschichten von Jizchok Leib Perez oder Isaac B. Singer,
und andererseits verwöhnte „westjüdische“ Hausfrauen, die
insbesondere von kulturzionistisch inspirierten Schriftstellern
wie Max Brod entworfen wurden.
Vor dem Hintergrund der Emigrations- und Exilgeschichte
entstand in der US-amerikanischen Literatur der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts dann das bis heute populäre Bild
der ebenso manipulativen wie distanzlosen jüdischen Mutter.
Wegweisend waren hier Philip Roths Figuren Mrs. Patimkin
und Sophie Portnoy aus der Novelle „Goodbye, Columbus“
(1958/59) bzw. dem Roman „Portnoy’s Complaint“ (1969), die
wiederum auf die europäische (deutschsprachige) Literatur
zurückwirkten, wie sich u. a. an Romanen wie Rafael Seligmanns
„Die jiddische Mamme“ (1990) oder „Wolkenbruchs
wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ (2012) von
Thomas Meyer zeigt .


Der Vortrag fragt nach den Ursachen und Kontexten dieses
Veränderungsprozesses im Bild der Jüdischen Mutter seit
dem ausgehenden 18. Jahrhundert, analysiert die fast ausschließlich
von männlichen Autoren entwickelten Frauenfiguren
und forscht nach weiblich-jüdischen Stimmen und Beiträgen

Zeit & Ort

23.05.2025 | 12:15 - 13:45

Freie Universität Berlin
Fabeckstr. 23-25 (Holzlaube)
Raum 2.2051
14195 Berlin